© Roberto Pozzo
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Im 19. und 20. Jahrhundert war Belgien lange ein tonangebendes Zentrum der Keramikfliesenproduktion. Mit ihrer enormen Produktionskapazität war die Fabrik Gilliot & Cie in Hemiksem einst sogar die größte Fliesenfabrik auf dem westeuropäischen Festland. Belgische Fliesen findet man auf Böden und Wänden von Gebäuden in Südamerika, Kuba, Aruba, China und Singapur. Und dennoch fehlten belgische Fliesen lange in öffentlichen Sammlungen.
Wenig gilt der Prophet im eigenen Land
Bis in die 1990er Jahre gab es wenig Interesse für die Geschichte der belgischen Fliesen. Fanden wir unsere Fliesen zu gewöhnlich? Während es in Deutschland hunderte Fliesensammler gab, waren es in Belgien nur einige wenige. Fliesenexperte Mario Baeck: „Aber das Interesse wächst. Der Gilliot-Tag in Hemiksem zieht Jahr für Jahr mehr Besucher an. Wir haben Fliesenausstellungen in Gent, Hasselt und Andenne organisiert. Die Ausstellung im MIAT, dem Genter Museum für Industriekultur, zog 2012-2013 nicht weniger als 18 000 Besucher an, ein enormer Erfolg. Ich habe in Hemiksem schon Führungen für Amerikaner, Deutsche und Niederländer gemacht. Die Belgier dürfen auf ihr Erbe ruhig ein wenig stolzer sein.“
© Roberto Pozzo
© Mario Baeck
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Die belgischen Fliesenhersteller
Im 20. Jahrhundert reichte der Ruf der belgischen Fliesenhersteller bis weit über die Landesgrenzen hinaus. Unternehmen wie Boch Frères, Gilliot & Cie und Maison Helman waren tonangebend. Der große Erfolg der belgischen Boden- und Wandfliesen ist natürlich den herrlichen Jugendstilarbeiten zu verdanken, von genialen geometrischen Dekoren und zarten Blumen bis hin zu raffinierten, farbintensiven Fliesenbildern. Sie wurden nach Maß gefertigt, von Dekor-Werkstätten oder herausragenden Künstlern entworfen und schmückten Fassaden, Interieurs und Geschäfte.
Im Mittelpunkt der Sammlung: die Wandfliesen
In der Sammlung Pozzo findet man auch Fliesen der Faïencerie de Nimy, der Usines Escoyez aus Tertre und Hautrage sowie von Firmen aus Brüssel, Hasselt und Kortrijk. Die Blüte der Fliesenindustrie erstreckte sich auf das ganze Land.
Eine Übersicht über die Hersteller, bei der – parallel zur Sammlung – die Herstellung von Wandfliesen im Mittelpunkt steht:
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- Boch Frères Kéramis, La Louvière
- Faïencerie de Nimy, Nimy
- Usines Escoyez, Tertre und Hautrage
- Céramique Poulet, Forges
- Majolique artistique J. Parentani, Brüssel
- Henri Baudoux & Cie, Brüssel
- S.A. Manufacture de Céramiques Décoratives – Majoliques de Hasselt
- S.A. La Majolique, Brüssel und Emptinne
- Vermeren-Coché, Ixelles
- Manufactures Céramiques d’Hemiksem Gilliot & Cie, Hemiksem
- Kortrijksche Kunstpotterij – Céramiques de Courtrai, Kortrijk
- Société Générale de Produits Réfractaires et Céramiques de Morialmé, Oret/Morialmé
- Maison Helman, Berchem-Sainte-Agathe (Brüssel)
- Maison Guillaume Janssens-Roefs, Berchem-Sainte-Agathe (Brüssel)
- Ceramiekprodukten de Dijle, Wijgmaal
- Pavillons, Florennes & Cérabel, Baudour
- Guérin, Bouffioulx
- Faïenceries de Bouffioulx, Bouffioulx
- La Céramique de Hérent, Herent
- Compagnie Générale des Produits Céramiques, Saint-Ghislain
Weitere Informationen finden Sie in den Artikeln von Mario Baeck in „Industrial Tiles“ .